Philosophische Forschung ist relevant
26. Mai 2021
Weltweit leben hunderte Millionen Menschen in extremer Armut und auch in reichen Ländern wie Österreich gibt es Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit und eine steigende soziale Ungleichheit. Armut stellt immer eine ethische Herausforderung dar: Was ist Armut eigentlich und wann ist Armut ungerecht? Wer ist dafür verantwortlich, armen Menschen zu helfen und sie zu unterstützen? Welche ethischen Herausforderungen stellen sich in empirischen Studien mit armen Menschen?
Gottfried Schweiger (Zentrum für Ethik und Armutsforschung) und Clemens Sedmak forschen seit Jahren zu diesen Fragen. Nun haben Sie das international erste Handbuch „Philosophie und Armut“ im J.B. Metzler Verlag herausgegeben, welches die Breite und Tiefe dieses Thema aufzeigt.
In 55 Kapiteln geben anerkannte Expertinnen und Experten einen Überblick über die internationale philosophische Diskussion über Armut, zum Beispiel zu Menschenrechten, globaler und sozialer Gerechtigkeit, Unternehmensethik, Würde und Chancengleichheit. Damit sind Fragen der internationalen Zusammenarbeit, der Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele ebenso angesprochen wie solche der sozialstaatlichen Unterstützung armer Menschen und auch die Ebene individueller Pflichten und Verantwortung, etwa für arme Menschen zu spenden und sich für sie politisch zu engagieren. Herausforderungen wie der Klimawandel, der die Lebensgrundlage armer Menschen bedroht, oder Migration als Ausweg aus der Armut, werden ebenso im Handbuch aus ethischer Perspektive beleuchtet. Es zeigt sich hier deutlich, dass die drängenden Themen unserer Zeit nur interdisziplinär sinnvoll behandelt werden können und politische Lösungen der Reflexion auf Ethik und Werte bedürfen. Eine Besonderheit des Handbuchs ist es, auch die Fruchtbarkeit der Philosophiegeschichte und außereuropäischer Traditionen aufzuzeigen. So finden sich im Handbuch Kapitel zur antiken Philosophie ebenso wie zur afrikanischen und chinesischen Philosophie.
Das Handbuch ist das sichtbare Ergebnis langjähriger internationaler Kooperationen, die am Zentrum für Ethik und Armutsforschung aufgebaut wurden. Angesichts der Covid-19-Pandemie rechnet die Weltbank, dass 2021 rund 150 Millionen Menschen mehr in extremer Armut leben werden und auch der Ausblick in den reichen Ländern ist nicht positiv. Armut wird weiterhin ein aktuelles und wichtiges Thema in Forschung und Lehre bleiben.