Buch zum Frühstück: „Der Tod ist kein Künstler“

Über den Umgang mit dem Tod

Bei einem kleinen Frühstück mit Kaffee und Croissants laden wir Sie ein, mit uns und untereinander ins Gespräch zu kommen. Unsere Reihe „Buch zum Frühstück“ dreht sich dieses Mal um den Tod und das Sterben heute. Angesichts der vielen Kriege und Gewaltexzesse, wo Frauen und Männer, alte Menschen und Kinder aus brutalst aus dem Leben gerissen werden, ist das sanfte Dahinphilosophieren über Sterben und Tod ein Privileg für all jene, die weitgehend sicher und im Wohlstand leben. Unsere Autorin und Wissenschaftlerin Birgit Bahtić-Kunrath ist sich dessen bewusst. Das vorliegende Essay mit einem Vorwort, das auf die aktuellen Geschehnisse im Nahen Osten eingeht, entstand im Sommer dieses Jahres, darin erläutert die Autorin auch die Auswahl der Bücher und warum sie ausgerechnet dieses Thema gewählt hat.

Im vorliegenden Essay versucht sie also, sich unserer Endlichkeit aus verschiedenen Perspektiven zu nähern. Die vier vorgestellten Bücher befassen sich daher mit Sterben und Tod auf sehr unterschiedliche Weise.

AUSZUG aus dem Essay von Birgit Bahtić-Kunrath:

Mit dem britischen Schriftsteller Julian Barnes tauchen wir in die Welt der Todesliteratur ein. „Nichts, was man fürchten müsste“ ist kein Roman, sondern eine literarische Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensende, vor dem Hintergrund eines trockenen Atheismus, den der Autor kompromisslos vor sich herträgt. „Nichts, was man fürchten müsste“ – betrifft das den Tod, oder das (nicht-existierende) Nachleben, welches dem Tod erst Bedeutung gibt (Barnes 2010)?

Für die kalifornische Bestatterin Caitlin Doughty bedeutet Todesfurcht, dass den Menschen ein kulturelles Netz fehlt, mutig mit der eigenen Sterblichkeit umzugehen. Ihr überraschend unterhaltsames Buch „Wo die Toten tanzen“ beleuchtet Rituale des Abschiednehmens weltweit. Der ernste Kern ist jedoch eine Abrechnung mit der Verdrängung des Todes in westlichen Gesellschaften, vor allem in den USA (Doughty 2019).

Der positive Aspekt der westlichen Todesangst ist die medizinische Verlängerung des Lebens. Eine nüchterne Bestandsaufnahme aktueller Forschung zu Sterben und Tod liefert uns der Techniksoziologe und Sachbuch-Autor Thomas Ramge. In seinem Essay „Wollt ihr ewig leben? Vom Fluch der Unsterblichkeit und Segen der Biotechnologie“ stellt er den aktuellen Forschungsstand in der Alterungsmedizin vor und thematisiert die Implikationen einer langlebigen Gesellschaft für sozialen Zusammenhalt, Ökologie und Chancen der nachfolgenden Generationen (Ramge 2023).

Segen und Fluch der Altersmedizin waren für den 2021 verstorbenen Theologen Hans Küng ein Grund, sich mit dem guten Sterben zu beschäftigen. In „Glücklich sterben?“ fragt Küng, ob der gute Gott wirklich will, dass wir – getrieben von der modernen Medizin – Jahre des Leidens auf uns nehmen müssen, und ob es nicht eine ethisch vertretbare Form von Sterbehilfe geben kann – eingebettet im christlichen Glauben, mit der Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod (Küng 2014).

Besprochene Bücher

Thomas Ramge: Wollt ihr ewig leben? Vom Fluch der Unsterblichkeit und Segen der Biotechnologie. Reclam, 2023

Hans Küng: Glücklich sterben? Piper, 2014

Caitlin Doughty: Wo die Toten tanzen. Wie rund um die Welt gestorben und getrauert wird. Malik Verlag, 2019

Julian Barnes: Nichts, was man fürchten müsste. btb Verlag, 2011

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